
Laut Deutschen Ärzteblatt fühlt sich jeder Zweite vom Burn-out bedroht und 14,6% aller Arbeitsunfähigkeitstage beruhen auf psychische Belastungen. Was bedeutet dies für das Mittelmanagement, wenn dazu mehr als 30%* der Mitarbeiter laut Mitarbeiterbefragungen mit der Führung unzufrieden sind?
* HayGroup/ Gallup - Ergebnisse Global Engagement Surveys
Die ungeliebte Position
Neulich beim gemeinsamen Abendessen beklagte sich mein Freund, dass er vor lauter Arbeit nicht aus den Augen gucken könnte und jeder Mist bei ihm landet, aber niemand seine Leistungen wertschätze. Viel zu oft werde er missverstanden. „Ich dachte, dieser Job wäre eine gute Chance, um aufzusteigen und mich zu beweisen. Stattdessen fühle ich mich leer und eingequetscht von oben und unten. Ich arbeite absurd lange, ohne Unterstützung oder auch nur ein Dankeschön zu bekommen. Dafür trifft mich der Unmut meiner Familie”, klagte er. Die Stimme seiner Frau kenne ich und ich sagte: „Du bist das klassische Sandwich und nicht alleine“.
Mein Freund ist Mittelmanager bei einem großen Maschinenhersteller. Er ist nicht der Erste, von dem ich solche Beschwerden höre. Ich war selber in dieser Position. Die schlechten Erfahrungen vieler Mittelmanager entsprechen denen meines Freundes. Warum haben ausgerechnet sie es so schwer, wo sie doch der ‚Kitt‘ sind, der ein Unternehmen zusammenhält, indem sie die Lücke zwischen Top-Management und den Mitarbeitern schließen? Genau sie sind doch diejenigen, auf die alle angewiesen sind, um Strategien und Veränderungen im Unternehmen zu verwirklichen und Motivation und Engagement der Mitarbeiter zu erhöhen.
„In der Mitte der Schwierigkeiten liegt die Gelegenheit“
Albert Einstein
Eine Studie der Harvard Business Review legt nahe, dass Mittelmanager die unzufriedenste Gruppe unter den Mitarbeitern sind. In den Gesprächen mit Geschäftsführung und Führungskräften erschüttert mich das verzerrte Bild über das Mittelmanagement. Es erweckt den Anschein, dass sich bei Top-Managern das Wort Lehmschicht als Synonym für das Mittelmanagement etabliert hat, die das Unternehmen davon abhält, seine strategischen Ziele zu erreichen. Der Vorwurf ist natürlich differenzierter zu beleuchten.
Wenn man die Sache von unten betrachtet, dann sehen die Mitarbeiter an der Basis die Mittelmanager wohl eher als Sklaven des Senior Managements. Sie würden alles durchpeitschen, um Aufgaben möglichst schnell zu erledigen oder sich profilieren wollen. Viele sind keine wirklichen Manager, sondern nur die besten Experten oder besten Verkäufer, die aus Beförderungs- / Vergütungsdruck zu Führungskräfte gemacht wurden und jetzt mehr kaputt machen als Mehrwert bieten.
Worum geht es wirklich?
Warum werden Mittelmanager von allen Seiten kritisiert? Und sind diese Anschuldigungen überhaupt fair? Es gibt einige Thesen, die unsere Aufmerksamkeit verdienen:
Theorie 1: Liegt es daran, dass Mittelmanager ihrer Arbeit nicht gewachsen sind?
Der Übergang vom normalen Mitarbeiter zur Führungskraft ist nicht einfach. Unternehmen versäumen es, Mittelmanagern die dafür nötige Unterstützung an die Hand zu geben. Um erfolgreich arbeiten zu können, müssen Mittelmanager verstehen, welche Qualifikationen sie im Übergang zu einer höheren Position brauchen und wie sie diese weiterentwickeln. Darüber hinaus gibt es in den Unternehmen häufig nur die Karriere über die Führung und zwingen Mitarbeiter in die Führung, obwohl vielleicht die Persönlichkeit dazu nicht passt. Häufig scheuen aber Unternehmen den Aufwand für die richtige Auswahl und Weiterentwicklung, denn die Entwicklung der Führungskräfte wird natürlich umso aufwendiger, je tiefer die Organisation gestaffelt ist.
Doch gerade kontinuierliche Entwicklung ist entscheidend für den Erfolg einer Führungskraft. Besonders in dieser Dekade der Digitalisierung kommen viele Dinge gleichzeitig auf sie zu. Nach Ram Charan müssen alle Führungskräfte schon sehr früh den Unterschied zwischen einem High-Performance Leader und einem High-Performance Mitarbeiter kennen. Denn die Führungskraft als Leader muss Dinge in Bewegung bringen und die Umsetzung durch andere wollen. Der Mitarbeiter tut dies in erster Linie für sich. Man erkennt diese Persönlichkeiten schon sehr früh in Ihren ersten Führungsrollen. Sie mobilisieren andere und bekommen Respekt ohne autoritär zu wirken. Diese Personen denken an andere und nicht im Tunnel an sich. Sie schätzen Gelegenheiten ab, sprechen gerne mit anderen, träumen von und fokussieren sich auf die Realisierung.
Jede Führungsstufe erfordert andere Fähigkeiten und Werte. Um erfolgreich zu sein, müssen Führungskräfte diese bei jedem Aufstieg neu erlernen. Eine Rollenanalyse hilft, sich auf die richtigen Anforderungen zu konzentrieren und zu erkennen, welche Eigenschaften sie ablegen, erlernen oder fortführen müssen. Meistern sie die ersten beiden Etappen auf der Karriereleiter erfolgreich, verbessert sich auch langfristig ihre Flexibilität und Effektivität.
Theorie 2: Oder liegt es an den flacheren Hierarchien der Unternehmen?
Immer mehr Unternehmen operieren in einer Matrix- oder Netzwerkstruktur. Manager tragen eine immer höhere Verantwortung und müssen eine andere Einstellung als bisher mitbringen, um auch zukünftig ihre Mitarbeiter zu motivieren. Stärker als je zuvor müssen Mittelmanager große Gruppen effektiv steuern, die mehr als nur ihre direkten Mitarbeiter umfassen. Es wird immer mehr die virtuelle Führung über die Landesgrenzen hinaus abverlangt. Die Mobilisierung und Nähe zu den eigenen Mitarbeitern fällt dabei immer schwerer.
Theorie 3: Liegt es daran, dass Unternehmen sich mit der Anpassung an Megatrends schwertun, die die heutige Arbeitswelt beeinflussen?
Die Zusammensetzung der Belegschaft war nie so komplex wie heute. Manager arbeiten mit den Generationen X, Y und Z sowie einer Rekordzahl an Teilzeitkräften. Alle diese Mitarbeiter bringen unterschiedliche Erwartungen mit. Obendrein sehen sich Mittelmanager mit einer Belegschaft konfrontiert, die nur noch eine schwache Bindung an das Unternehmen hat – ein Erbe der Wirtschaftskrise und des gesellschaftspolitischen Wandels.
Mitarbeiter haben inzwischen eine deutlich geringere Loyalität zu ihrem Unternehmen und sind daher oft nicht bereit, beliebig viel Zeit und Energie in ihre Arbeit zu investieren. Sie haben sich zunehmend von ihren Arbeitsplätzen entfremdet. Gleichzeitig sind die Erwartungen der Führungskräfte zunehmend unrealistisch, sodass es Mittelmanagern fast unmöglich ist, erfolgreich zu arbeiten.
Das alles sind stichhaltige Theorien. Doch das Hauptproblem liegt wohl an anderer Stelle. Mittelmanager sehen sich selber „gefangen in einer Sandwich-Situation“, weil das Top-Management nicht die richtigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit schafft. Sie transportieren und treiben zu wenig die strategische Ausrichtung des Unternehmens, kommunizieren weder effektiv noch oft genug und unterstützen diesen wichtigen Teil ihrer Mitarbeiterschaft nicht ausreichend.
Dabei sind Mittelmanager die treibende Kraft, wenn es darum geht, die unternehmerischen Prioritäten durchzusetzen. Sie sind das Scharnier, das die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Teams sicherstellt. Faktisch versuchen Mittelmanager jedoch, die diversen Beziehungen nach oben, unten und zu anderen Mittelmanagern zu steuern. Das kann emotional sehr belastend sein.
Aus unseren Management Assessments wissen wir, dass das Thema Stressmanagement und fehlende Gelassenheit ein großes Problem im Mittelmanagement sind. Dies führt zu unkontrollierten Handlungen und Kommunikationen. Die Flips kommen häufig unkontrolliert und helfen weder dem Manager/-in noch dem Unternehmen. Die Unternehmen sind gefordert, dies frühzeitig zu erkennen und geeignete Hilfestellungen zu gewähren. Es ist um einiges günstiger in ein Assessment, Coaching und individuelle Entwicklung für die Führungskräfte zu investieren, als die Folgen eines Burn-outs oder die verursachte Fluktuation zu tolerieren. Dies ist Basis für eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sie sichert die nachhaltige Leidenschaft und den Erfolg im Mittelmanagement.
Top 4 Wege zum Erfolg
Top 1: Schaffen Sie Inspiration, Wertemaßstäbe und nachhaltige Kommunikationsplattformen im Unternehmen - schaffen Sie Klarheit für alle Mitarbeiter über den Zweck, das Ziel und den Weg für die erfolgreiche Zusammenarbeit. Besonders aber auch Klarheit über die Rolle und Wichtigkeit ihrer Mittelmanager/-in im Veränderungsprozess.
Top 2: Besetzen Sie die unterschiedlichen Rollen im Mittelmanagement mit den „richtigen“ Persönlichkeiten, die darüber hinaus an die Unternehmenswerte glauben, belastbar sind, sich Respekt ohne Autorität verschaffen und das Verlangen zur Umsetzung haben. In Deckung gehen, Job ohne Neugierde und Passion absolvieren sind hier nicht gefragt.
Top 3: Nehmen Sie sich mehr Zeit für ihr Mittelmanagement für deren Herausforderungen, Motivationslage, Unklarheiten und geben Sie Unterstützung in der Entwicklung und Umsetzung. Ohne Top 1 und 2 werden Sie allerdings sehr, sehr viel Zeit benötigen.
Top 4: Melden Sie sich, wenn Sie Unterstützung brauchen. Wir sind mit über 20 Jahren Erfahrung gerne für Sie da - Ihr Erfolg ist unsere Leidenschaft!