Viele sprechen heute darüber, dass wir flexiblere Organisationen brauchen, um auf die Bedürfnisse von Kunden, veränderte Geschäftsanforderungen und Entwicklungsprozesse reagieren zu können. Wir wollen immer schneller und umfassender die Kundenbedürfnisse befriedigen und Produkte entwickeln. Die Kosten für diese Prozesse senken und schlanker agieren. Darüber hinaus steigen die Anforderungen an die Mitarbeiter, die flexibler eingesetzt, entwickelt und vergütet werden sollen.
Viele Unternehmen wünschen sich, dass Mitarbeiter nicht mehr an einer Funktion gebunden sind, sondern in unterschiedlichen Rollen flexibler einsetzbar sind. Darüber hinaus soll das Karriere- und Vergütungsmanagement besser an die o.g. Bedürfnisse angepasst sein. Dies ist bei größeren Unternehmen tendenziell stärker ausgeprägt als bei kleineren Unternehmen. In größeren Unternehmen finden wir eine stärkere Tendenz zur tayloristischen Funktions- und Rollenbilder. Es ist eine vielfältige Gemengelage, die beleuchtet werden sollte, um etwas mehr Klarheit in der Diskussion und Organisationsentwicklung zu erzeugen.
„Man soll Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher.“
Albert Einstein
Was sind eigentlich die Unterschiede in einer Job Architektur?
Übrigens, was ist eigentlich der Unterschied von einer Rolle, Funktion und Stelle? Viele nutzen und verstehen diese Begriffe unterschiedlich oder vermischen sie. Wir haben uns hier klare Abgrenzungen und eine Nomenklatur für eine Job-Architektur im Unternehmen gegeben:
- Job-Familie: Ist das Ordnungsprinzip der Job Architektur, das nach dem Wertschöpfungsprinzip und dem Operating Model des Unternehmens ausgerichtet ist. Sie kann funktional-technisch und/ oder rollen-orientiert ausgerichtet sein, wie z.B. Job Familie Finanzen oder Controlling oder Job Familie Sales und Sub-Familie Key Account Management.
- Rolle: Innerhalb der Job Familie haben wir unterschiedliche Job-Rollen mit einem unterschiedlichen Rollen-Charakter, wie z.B. Controller, mit dem Rollen-Charakter Planung & Beratung oder einem anderen. Je nachdem, wie die Rolle definiert wird. Die Rolle hat noch keine Wertigkeit, da Sie nur generelle Charakter-Beschreibungen und Zuständigkeiten hat. Wir differenzieren vier Rollen-Charaktere (Entwicklung & Konzeption, Planung & Beratung, Koordination & Unterstützung, Geschäft & Abwicklung) für Führungsrollen und Individualrollen.
- Funktion: Die Funktion ist eine spezifischere Beschreibung der Rolle hinsichtlich Zuständigkeiten und benötigten Know-How und Skill Anforderungen. Sie muss nicht zwingend einem funktionalen Bereich zugeordnet sein, da es eine generische Beschreibung der Bestandteile beinhaltet. Zum Beispiel könnte die Rolle Controller für HR, Sales, Produktion, Finanzen, Supply Chain etc. gelten. Durch die spezifische Definition von Anforderungen, können wir die Funktion in ihrer Komplexität differenzieren und spezifizieren, wie z.B. Controller I, Controller II etc. Die Mitarbeiter können diesen differenzierten Funktionen zugeordnet werden und entsprechend entwickelt werden. Es gibt also mehr Funktionen als Rollen im Unternehmen.
- Stelle: Die Stelle ist eine spezifischere Beschreibung der Rolle und Funktion, da sie sich auf funktionale Einheiten bezieht und die Anforderungen noch weiter spezifiziert. Der Controller I wird zu einem HR Controller I, Finance-Controller I etc. spezifiziert. Es gibt also mehr Stellen als Funktionen im Unternehmen.
Der Zeitgeist in den Unternehmen ist, dass nur noch die Job Architektur von der Job Familie bis zum Funktionslevel beschrieben wird. Dabei ist aber der Grad der generischen Beschreibung und der Differenzierung der Job Familien Struktur, Rollen und Funktionen von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Es gibt dafür keine feste Regel. Es ist immer zu hinterfragen, wofür ich die Job Architektur und Profile nutze. Manche Unternehmen begnügen sich auch damit, nur die Rollenstruktur abzubilden, um Klarheit in der Organisation zu erzeugen.
„Ziel sollte es aber möglichst sein, dass wir ein weitgehend differenzierte Struktur haben, der alle Mitarbeiter zugeordnet sind und sie sich durch diese Struktur in alle Richtungen entwickeln können und wir integrierte Anwendungen für die Personal- und Organisationsentwicklung schaffen.“
Um die Entwicklung von Mitarbeitern besser zu unterstützen und die Karriere zu managen, sollte der Funktionslevel angestrebt werden, so dass eine differenzierte Bestimmung der „geforderten“ technischen Skills, Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungslevel möglich ist. So können wir die Rollen in der Job Architektur entsprechend der
Unternehmensanforderungen spreizen. Zum Beispiel könnte in einem diversifizierten Unternehmen in einer Division A ein Key Account Manager I mit einer höheren Komplexitätsanforderung existieren, während in einer anderen Division B nur ein Key Account Manager II mit einer geringeren Komplexitätsanforderung erforderlich ist. Natürlich kann sich aber der Mitarbeiter der Key Account Manager II Funktion von der Division B in die Funktion der Division A entwickeln, wenn er eben die höheren Anforderungen erfüllt oder sich in der Funktion entwickelt. Die Job Struktur bleibt bestehen, der Mitarbeiter wechselt oder entwickelt sich. So einfach ist Karriere-Management.
Aus diesem Grund ist eine transparente Job Architektur das Rückgrat für die Personal- und Unternehmensentwicklung. Für die unterschiedlichen Funktionslevel, wie z.B. Sales Manager I, Sales Manager II, etc. sollten die entsprechenden Slotting Kriterien der unterschiedlichen Anforderungslevel beschrieben sein, damit Mitarbeiter anhand ihrer tatsächlichen Erfahrungen und Fähigkeiten zugeordnet werden können.
Abbildung von Multi-Rollen und Wertigkeiten
Viele sprechen heute im agilen Zeitalter von Multi-Rollen und wollen sich damit von klassischen Begrifflichkeiten wie Stellen und Funktionen differenzieren. Sie meinen aber tendenziell nichts anderes, als dass sich verschiedene Zuständigkeiten von unterschiedlicher Rollen in einer gemeinsamen Rolle wiederfinden oder Mitarbeiter zwischen Rollen flexibel wechseln und diese wahrnehmen. Wir kennen das bereits schon über 30 Jahre in Form von Gruppenarbeitsplätzen, wo unterschiedliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, um z.B. ein komplexeres Produkt an einem Arbeitsplatz zu fertigen oder eben in Start-up Unternehmen, wo Mitarbeiter zwischen unterschiedlichen Rollen wechseln!
Wir sind in der Gestaltung von Rollen frei, indem wir die notwendigen Zuständigkeit beschreiben oder Rollen zusammenführen. Wir können jederzeit neue Rollen, wie z.B. Robotic Trainer, Cyber Ecosystems Designer und andere entwickeln. Es muss nur organisatorisch Sinn machen und es darf zu keiner Unzufriedenheit und Überforderung von Mitarbeitern führen. Allerdings macht es weniger Sinn, wenn die Anforderungen der Rollen „zu stark“ hinsichtlich Komplexität oder Rollencharakter spreizen und der Mitarbeiter dauerhaft dazwischen wechseln muss (z.B. Assistenz vs. Entwicklung). Darüber hinaus hat es auch vergütungstechnische Implikationen, die flexibel gehandhabt werden müssen. Tendenziell macht es im Multi-Rollen-Ansatz Sinn, die Gehaltsbänder breiter und flexibler zu gestalten.
Aus diesem Grund sollte die Job Architektur mit einer Wertigkeitsstruktur für Rollen/ Funktionen verbunden werden, um die Spreizung der Komplexität und Rollencharakter sichtbar zu machen. Dies hat darüber hinaus vielfältige Vorteile, weil sich damit die integrierte Personal- und Organisationsentwicklung strategisch umsetzen lässt. Zusätzlich sind wir in der Lage, die Wertigkeit von Rollen zu differenzieren, die Karriere-Schritte und die Strukturkosten transparent zu machen und das Vergütungsmanagement marktgerecht auszurichten.
Damit lassen sich auch Wertigkeits-Cluster für Rollen und Funktionen bilden, in denen die Komplexität und Anforderungsniveaus weitgehend vergleichbar sind. Den Mitarbeitern wird es tendenziell leichter fallen, zwischen Rollen zu wechseln, wo der Rollencharakter und die fachliche Grundanforderungen weitgehend vergleichbar sind - und das über die einzelnen Job Familien hinweg.
Die integrierte Anwendung und Entwicklung rückt in den Vordergrund
Die Agilität von Organisationen steht immer mehr im Vordergrund. Das bedeutet, dass Unternehmen in ihren Prozessen flexibler und integrierter agieren müssen. Das erfordert besonders auch von dem Personal- und Organisationsmanagement weniger Silos, mehr Flexibilität, dezentrale Anwendbarkeit und Zusammenarbeit, damit die Entwicklung der Organisation und der Mitarbeiter effizient unterstützt werden kann. Es ist auch hier der Plattform-Gedanke, der den zentralen Anker für die integrierte Personal- und Organisationsentwicklung darstellt. Langwierige und Black-Box Prozesse zur Bestimmung von Stellen, Vergütung und Wertigkeiten sind tabu.
Aus diesem Grund müssen Karriere-Management, Personalentwicklung, Vergütungsmanagement, Personalmanagement mit der Job Architektur integriert verbunden sein, um schnell agieren zu können. Für die Mission Critical Roles (geschäftsstrategisch kritische Rollen im Unternehmen) lassen sich über die Job Architektur gezielte Karriere- und Besetzungsszenarien entwickeln, um kostenoptimal die Nachfolge der MCRs (max. 15) im Unternehmen sicherzustellen.
Der einzelne Mitarbeiter wird der Job Architektur und den Funktionen anforderungsgerecht zugeordnet und diffundiert über die Karriereentwicklung durch diese Architektur, ohne dass eine individuelle Anpassung von Stellen-/ Funktionsprofilen, individuelle Stellenbewertung, Marktvergleich etc. zukünftig notwendig ist. Bei jeder Neupositionierung sind sofort die gestellten Anforderungen, der Marktlevel für die Vergütung und mögliche Karriereschritte klar und für das Management verfügbar. Der Vergleich von Strukturkosten im Organisationsaufbau ist einfacher und transparenter. Es existiert ein zentraler globaler Standard, der dezentral ausgerollt, angewandt und gelebt wird. Allerdings muss jedes Unternehmen den entsprechenden Detailgrad für sich selber bestimmen und implementieren.
Dabei ist die Zuordnung der einzelnen Mitarbeiter (Slotting Process) in die Job Architektur nicht zu unterschätzen, denn damit werden viele Ausgangslagen für Strukturkosten, Entwicklungsbedarfe, Personalplanung, Benchmarking etc. definiert. Dieser Prozessschritt muss eng und so neutral wie möglich begleitet werden. Auch hier gilt zentraler Standard, der regional umgesetzt wird.
Tipps für die Entwicklung
- Bilden Sie das Operating Model und Wertschöpfungsprinzip Ihres Unternehmens ab
- Arbeiten sie als integriertes Team und binden Sie das Business in den Entwicklungsprozess mit ein.
- Arbeiten Sie agil und iterativ, um schnell in sichtbare Ergebnisse und Richtungen zu bekommen
- Stellen Sie einen sauberen Roll-out sicher und begleiten Sie den Implementierungsprozess eng
- Sollten Sie für die Schritte 1. - 4. Unterstützung benötigen - wir helfen Ihnen gerne!